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© Getty Images
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Hotspot Bozen: Summer in the City

Die Hauptstadt Südtirols profitiert von historischen Bauwerken, moderner Gastfreundschaft und – selbst für Italien – heißen Temperaturen.

20. August 2024


Bozen gehört zu den wärmsten Orten Italiens. Trotz Bergfrische klettert das Thermometer im Sommer auf 35 Grad. © Getty Images

Um Bozen zu verstehen, diese kompakte Bilderbuchstadt im Kessel des Etschtals, braucht man nur zwei Dinge begreifen. Die Liebe zum Genuss, wie Italiener sie pflegen – und den Respekt vor Strukturen, den die Südtiroler von ihren nördlichen Nachbarn geerbt haben. Bozen vereint diese beiden Welten im schönsten Architekturensemble. Unterm Brennglas leben an diesem Schnittpunkt zwischen Nord und Süd, am Fuße der Alpen und an den ersten Ausläufern der Po-Ebene, zwei Kulturkreise harmonisch miteinander. Auch wenn sie sich an manchen Abenden noch an die unterschiedlichen Geschwindigkeiten gewöhnen müssen.

© Clemens Zahn

Da ist wieder einer. Cobo, der eigentlich Rino heißt, doch seit 30 Jahren diesen Spitznamen hat, zeigt auf einen deutschen Herrn, der sich, kaum dass er sich auf den Korbstuhl gesetzt hat, den Zeigefinger hebt und nervös Löcher in die Luft pikst. „Das nenne ich das Gleich-Syndrom“, sagt Cobo. Er meint die Gäste seiner Bar in der Bozner Altstadt, die sofort bestellen möchten, sobald sie angekommen sind. Dabei steht an einem Schild über der Theke auf Deutsch: „Wir sind schon weiter als Slow Food, wir sind Slow Service“.

Aperitivo statt Happy Hour

© Alex Filz

Für Nordländer klingt 18 Uhr nach Happy Hour, für Bozner heißt es: Aperitivo. Man geht aus dem Büro nicht nach Hause, sondern in eine Bar, um Freunde zu treffen, mit Kollegen zu lästern oder ein Date zu haben. Der Aperitivo ist eine Tradition aus Mailand, seit wenigstens 15 Jahren boomt nun die Bozner Variante: Südtiroler Speck und Käse zu Aperol Spritz oder Hugo.

© Giovanni De Sandre

Dieses Vorabendritual gehört zu Bozen wie die berühmten Laubengänge in der Altstadt und der Blick auf die Dolomiten in der Abenddämmerung. Es ist Teil des Alltags geworden, ähnlich dem Espresso am Morgen – eine Art, die Stadt zu leben, sie zu erleben, an ihr teilzuhaben. Lebensfreude, sagen die Bozner dazu, der Aperitivo – und dieses Wort sprechen auch die Deutsch sprechenden Südtiroler wirklich immer italienisch und mit leicht rollendem R aus – sei ein Ausdruck dessen, wie gut es einem gehe.

© Thomas Rötting

Bei Rino können Gäste ihren Gemütszustand überprüfen. Vor 30 Jahren hat er die ehemaligen Fischbänke, auf denen die Händler früher ihren Fang auslegten, in eine Open-Air-Bar umgestaltet. Efeu rankt sich an den Marmorbänken und hoch zu den bunten Lampions. Ab dem 12. Jahrhundert existierten Märkte in Bozen, noch heute zeugen Kornplatz und Obstmarkt von den früheren Bestimmungen. Kleine Schlucke, große Erfrischung. Das braucht man in der Stadt mit knapp 107.000 Einwohnern auch. Sie liegt in einem Tal mit Porphyrgestein, einem vulkanischen Fels, der im Sommer die Wärme speichert und an die Umgebung abgibt. Deshalb gehört die Hauptstadt Südtirols regelmäßig zu den wärmsten Orten Italiens. Trotz Bergfrische klettert das Thermometer im Sommer auf 35 Grad. Wer wünschte sich angesichts dieses Klimas nicht eine Palette von temperatursinkenden Getränken in Grün, Rot oder Gelb.

Wiesen, Bäume und Alpen-Panorama

Ins Schloss Sigmundskron sind 2006 die Messner Mountain Museen von Bergsteigerlegende Reinhold Messner eingezogen. © Alex Filz

Es gibt Möglichkeiten, sich abzukühlen. Neben dem Bahnhof führt eine Seilbahn hinauf nach Oberbozen, auf 1200 Meter Höhe. Unter einem winden sich Wege über die Wiesen, Bäume schwanken im Wind – und langsam rückt das Panorama der Gipfel näher. An der Endstation wartet das mehrfach ausgezeichnete „Parkhotel Holzner“, tagsüber sitzt man hier bei Sonnenschein auf der Terrasse. Abends kehrt sie im Fine-Dining-Restaurant von Chefkoch Stephan Zippl ein, das zum Hotel gehört.

© Restaurant Laurin

Nach der Vernissage beenden viele ihren Abend dort, wo es seit Jahren die Stadtgesellschaft hinzieht: in die Bar des „Parkhotel Laurin“. Im gemütlichen Lokal sitzen Gäste in schicken Ledersesseln auf Parkettfußboden, genießen Livemusik vom Klavier und an kalten Tagen einen prasselnden Kamin. Eine hohe Kassettendecke schmückt den Raum, drumherum schlängelt sich ein Jugendstil-Fresko, das die Geschichte König Laurins illustriert. Keine Ahnung, was dem bärtigen Mann widerfahren ist – jedenfalls lächelt er so selig, als hätte er schon ein paar Drinks im „Laurin“ geschluckt.

Feierliche Architektur

© Giovanni De Sandre

Dass man auf dem Nachhauseweg überall Bögen sieht, ist kein Kollateralschaden des Schlummertrunks. Die Stadt liebt sie, überall fallen sie auf: in den mittelalterlichen Laubengängen, an Türen und Toren. Die Geschäfte in der Innenstadt sind oft alte Gewölbe, über denen sich grau gespachtelte Decken wie in einer Kapelle zusammentun. Die Architektur wirkt feierlich. Am Ende eines Tages versteht man Bozen: Die Stadt weiß, wie sie sich in Szene setzt. 

Dieser Artikel erschien in der Falstaff TRAVEL Ausgabe Südtirol Spezial 2024.

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