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Martino Gamper: Die Kunst des Sitzens

Der in Meran geborene Designer Martino Gamper liebt es, mit Möbeln zu experimentieren – seien es Sperrmüllfunde, denen er neues Leben einhaucht, oder kaputte Dinge, die er in Ausstellungen repariert. Seine überraschenden Entwürfe beweisen Humor.

17. Februar 2025


Martino Gamper begann seine Karriere als Sperrmüllsammler. In den Nullerjahren war der gebürtige Meraner nach London gezogen, damals für Kreative der Place to be. Kein Ikea-Sessel, den Freunde nicht mehr haben wollten, kein ausrangierter Stuhl, der auf der Straße landete, war vor ihm sicher. 100 verlassene Stühle hat er so ab 2007 über den Zeitraum von zwei Jahren gerettet, bevor seine eigentliche Arbeit begann: Er zerlegte sie – und setzte sie neu und überraschend zusammen. „100 Chairs in 100 Days“ nannte sich das innovative Projekt, das sich unserer Wegwerfgesellschaft kritisch in den Weg stellte.

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Warum muss immer alles neu sein? Gamper bewies, dass man aus vorhandenen Ressourcen fantastisches Design produzieren kann, das eben nicht von der Stange kommt. Natürlich schwingt da auch eine gewisse Verweigerungshaltung mit, nicht auf markttaugliche Objekte zu zielen, sondern lieber mit Materialien zu experimentieren und soziale Aspekte zu thematisieren. „Von Waste zu Taste“ nennt er seine Haltung, vorhandenen Objekten neues Leben einzuhauchen. In seinem grünen Ansatz war Gamper seiner Zeit voraus, trotzdem ist seine Arbeit leicht und ironisch. Er entwirft Möbel mit Humor. Und entdeckt dadurch Seiten, die man bisher nicht wahrgenommen hat.

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Ein gutes Beispiel dafür ist der 2012 gestaltete Stuhl „Post Mundus“ für Wiener GTV Design, das berühmt ist für sein Geflecht, aber auch die elegant geschwungenen Rückenlehnen. Ironisch, aber zugleich formschön, baute er einfach ein paar Rundungen mehr in den klassischen Thonetsessel ein: Wie in einem Spiegel wiederholt sich die Bugholzlehne auf der Unterseite als eine Art optisches Echo. Gamper bleibt seinem Prinzip treu: Er geht von Vorhandenem aus, das er zeitgemäß mischt. Alte Techniken interessieren ihn dabei – und wie man sie einsetzen kann, um neue Formen zu kreieren. Für die traditionsreiche österreichische Glasmanufaktur Lobmeyr setzte er sich 2016 für das „NEO“-Trinkglas mit Schleiftechniken, Gravieren, Sandstrahlen, Malen und Vergolden auseinander. Spannend sind vor allem jene Gläser, die wie Eiswürfel an ungewöhnlichen Stellen abgeschlagen sind.

Kleinen Regeln folgen

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Gamper ist ein Forschender. Der Prozess ist genauso wichtig wie das Ergebnis. Design-Lehrsätze sind dazu da, dass man sie über Bord wirft. Gamper hält sich an keine Regeln, aber zugleich bleibt er neugierig. „Learning by Doing“ lautet sein Design-Motto. Handwerk fasziniert ihn, schließlich hat er mit 14 eine Tischlerlehre begonnen, bevor er mit 19 eine Weltreise machte, die ihn bis nach Neuseeland verschlug. In Wien studierte er zunächst Bildhauerei an der Akademie, anschließend Produktdesign an der Universität für angewandte Kunst bei Matteo Thun. 1996 ging Gamper zurück nach Italien, um als Freelancer für diverse in Mailand ansässige Designer zu arbeiten. 1998 zog er dann nach London, um am Royal College of Art unter Ron Arad zu studieren. Seitdem lebt und arbeitet er in London.

„Ich mag es, alltägliche Materialien in einem anderen Kontext zu verwenden, um ihnen neues Leben einzuhauchen“, betonte er in einem Interview mit der „The New York Times“. Aber auch im Ausstellungsbereich haben die fantasievollen, klugen Konzepte und Entwürfe von Gamper zunehmend eine neue Heimat gefunden. Im Haus der Kunst in München ließ er im Vorjahr 100 Stühle einziehen. Die Besucher konnten sie neu platzieren, auch um miteinander ins Gespräch zu kommen. Für ihn waren diese Stühle keine Produkte, sondern ein „Mittel, um das Sitzen selbst zu erforschen“, wie er dem „AD Magazin“ anvertraute.

Nachhaltig macht Glücklich

Für Gamper, einen Vordenker in Sachen Nachhaltigkeit, ist der Begriff viel weiter gesetzt als für die meisten anderen Designer. „Wir reden viel über grüne Materialien, Recycling und so weiter, aber nicht viel darüber, wie nachhaltig unsere Arbeit für uns selbst ist. Bringt sie zum Ausdruck, wer wir sind?“, fragt er auf der Homepage der Mailänder Möbelmesse Salone del Mobile.

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In seiner italienischen Heimat ist er nach wie vor tief verwurzelt. Für das Bozener Museion, das Museum für zeitgenössische Kunst, hat er eine „Passage“ geschaffen, einen Veranstaltungsraum mit von ihm entworfenen Sitzbänken aus Lärchenholz und bunten Stühlen aus Sperrholz. Wie so oft bei diesem Designer steht der Austausch im Zentrum. Es ist ein vielseitig nutzbarer Ort, an dem man sich treffen kann. Für den Drei-Sterne-Koch Norbert Niederkofler und dessen Konzept „Cook the Mountain“ hat Gamper das Restaurant „AlpiNN“ eingerichtet, das auf dem Gipfel des Kronplatzes nur per Seilbahn zu erreichen ist. Die beiden passen gut zusammen in ihrer nachhaltigen, regional verwurzelten und doch internationalen Einstellung. „Ich arbeite gerne mit anderen Leuten zusammen – ich finde es gut, wenn es nicht nur um mich geht“, sagt Gamper. Man glaubt ihm diese uneitel-offene Haltung sofort. 

Mehr lesen: Architektur in Südtirol: Dem Himmel so nah

Dieser Artikel erschien in der Falstaff TRAVEL Ausgabe Südtirol Spezial 2024.

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