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DestinationsInsiderLuxusSki

Der Riesen-Hype ums Chalet

Chalets sind eine luxuriöse Art, in die Vergangenheit zu reisen und dabei trotzdem auf keinen Komfort zu verzichten. Nicht erst seit der Pandemie boomen traditionelle Holzhäuser in den Bergen, in denen man die Hektik der Welt hinter sich lassen kann.

27. Januar 2023


Sobald es Herbst wird, sind sie plötzlich überall zu sehen: Bilder, die unsere Sehnsucht nach einem Rückzugsort in der Natur wecken. In den sozialen Medien sieht man Kamine, in denen Holzscheite knistern, Whirlpools mit Blick auf verschneite Berggipfel und Schaffelle auf rustikalen Stühlen; in Skandinavien würde man hygge dazu sagen. Dabei gibt es eine andere Zauberformel, die sofort ein Gefühl von Heimeligkeit weckt: Urlaub in einem Chalet. Nirgends sonst finden Luxus und Ursprungsnostalgie dermaßen gut zusammen wie in diesen Holzhütten, die zugleich rustikal und modern sind.

Die meisten Luxus-Chalets haben Whirlpool und Sauna, manche sogar einen Pool. © beigestellt

Ursprünglich kommt das Wort Chalet aus der französischen Schweiz. Es hat seine Wurzeln im Lateinischen und bedeutet „geschützter Ort“ – früher waren diese jedoch nicht für Urlauber gedacht, sondern tatsächlich ein Unterschlupf für Bauern und Vieh im Alpenraum. Genutzt wurden sie aber nicht, wie wir es heute kennen, im Winter: Die Kühe waren den ganzen Sommer über auf der Alm, die Sennhütte diente als karge Unterkunft. Im Herbst trieben die Hirten die Kühe zurück ins Tal, das Chalet wurde mit schweren Holzfensterläden verriegelt; bis zum nächsten Frühjahr blieb es im Winterschlaf.

Romantisierung der Einfachheit

Erst im 19. Jahrhundert, als der europäische Adel und das Bürgertum ihre Liebe zu den Alpen entdeckten, bekamen Chalets ein zweites Leben. Wer es sich leisten konnte, zog sich für ein paar Wochen in die Berge zurück. Was ist romantischer als eine traditionelle Holzhütte in schöner Landschaft? Kaum etwas – Komfort wie heute gab es damals allerdings noch nicht, die Chalets hatten kein Warmwasser, ganz zu Schweigen von einem Bad, bestenfalls gab es ein Plumpsklo.

Chalet

Chalets müssen minimalistisch und traditionell zugleich sein © PRIESTEREGG Premium ECO Resort

Chalets blieben aber nicht nur auf die Berge beschränkt. Sie schmückten damals die Gärten aristokratischer Residenzen; auch Villen wurden im Chalet-Stil gebaut, einer architektonischen Richtung des Historismus, die auf Brettschnitzereien an Dächern und Balkonen sowie einen vorgesetzten Giebel setzte. Man sprach auch vom „Schweizer Stil“, der ganz Europa erfasste, bis nach Potsdam fand man Chalet-Architektur. Das einfache Leben der Bergbauern wurde romantisiert – und für Städter reinszeniert.

Rustikaler Charme

"Chalet Ormello"

Das Schweizer "Chalet Ormello" setzt auf viel Holz © beigestellt

Mit einfachen Almhütten haben gefragte Chalets inzwischen nur noch wenig zu tun. Sie sind ein elegantes Update von Skihütten, mit urigem Ambiente, ohne den Schweiß von fremden Wander- oder Skischuhen riechen zu müssen. Während viele Hütten auf Ballermann- Stadel machen, sind Chalets Oasen der Ruhe – sie liegen im Unterschied zu herkömmlichen Ferienhäusern meist in einer spektakulären Landschaft, Fernblick gehört zur Serienausstattung. Der rustikale Charme zeigt sich in der Verwendung von Holz: Zirbe an den Wänden oder bei den Möbeln sorgt für angenehm beruhigenden Duft, dazu gibt es einen Kamin für kalte Winterabende. Das Frühstück nimmt man am liebsten auf der überdachten Sonnenterrasse ein, danach geht es ins chaleteigene Gym oder in den Whirlpool; teilweise gibt es sogar einen Infinitypool. Der Butler serviert Champagner, ein Privatkoch sorgt für das leibliche Wohl. Luxus-Chalets haben die Annehmlichkeiten von Fünf-Sterne-Hotels bei einem gleichzeitigen Maximum an Privatheit. Trotzdem sind Chalets so unterschiedlich wie die Reisenden, die in ihnen wohnen: Manche verzichten bewusst auf alles, um ein möglichst authentisches Naturgefühl zu haben; gerade Selbstversorger-Chalets boomen auch als längerer Rückzugsort und alpines Homeoffice, in dem man von niemandem gestört wird.

Im Chalet möchte man sich auf das Wesentliche besinnen: Paare haben beim romantischen Wochenende endlich wieder Quality-Time für sich, Familien müssen sich keine Sorgen machen, wenn ihre Kinder viel Raum beanspruchen und herumtoben, und so manche Großfamilie nimmt auch die ältere Generation mit, um den Zusammenhalt zu zelebrieren – im Chalet hat man nicht nur Abstand zu anderen Menschen, man fühlt sich auch wie eine autarke Einheit, man bleibt in seiner eigenen Bubble. Schon vor der Pandemie hat sich abgezeichnet, dass Privatheit der ultimative Luxus ist, und zwar nicht nur für Hollywoodstars, Covid hat diesen Trend bloß verstärkt. Und für manche war es eine interessante Erfahrung, Urlaub und Arbeit auf der Almhütte verbinden zu können.

"Chalet Ormello"

Das luxuriöse "Chalet Ormello" hat Platz für 15 Personen. © beigestellt

Chalets sind ideal, um sich zum Lesen zurückzuziehen oder Ski fahren und snowboarden zu gehen, weil eine Piste meist nicht weit entfernt ist. Rodeln oder Eislaufen sind für die ganze Familie ein Spaß, und ausgedehnte Spaziergänge in der Winterlandschaft tun der Gesundheit gut.

Chalets gibt es in allen Preisklassen. Bei einsam stehenden muss man sich im Klaren sein, ob einem in totaler Dunkelheit am Waldrand zu wohnen nicht doch unheimlich ist. Chaletdörfer, die gerade in größerer Zahl aus dem Boden wachsen, sind zwar bequemer, aber sehen mitunter wie ein Alpen-Disneyland aus. Mehr Sinn machen kleine Chalets; bestehende Hütten, die schonend umgebaut wurden und einen Bezug zur Region herstellen, traditionelle Stoffe und Schnitzereien verwenden und auf lokales Flair setzen, anstatt klotzige Hütten, die gar nicht in die Landschaft passen.

Authentische Stimmung

Grundsätzlich ist es sinnvoll, vor dem Buchen einige Fragen zu klären: Bin ich ein Selbstversorgertyp oder möchte ich mich um gar nichts kümmern müssen? Wie viel exklusive Einsamkeit brauche ich – stören mich Nachbarn oder bin ich froh, nicht ganz abgeschieden zu sein? Reicht mir eine kleine Hütte, weil ich ohnehin viel im Freien bin? Oder soll es ein Wellnessurlaub mit Saunalandschaft werden? In der Schweiz findet man noch viel historische Bausubstanz, die liebevoll renoviert wurde. Das macht einen Unterschied zu neuen Häusern, die bloß auf alt machen und dabei sehr künstlich wirken. Mittlerweile ist das Bewusstsein aber ohnehin gewachsen – viele Luxusanbieter verwenden altes Holz, das recycelt wird, um für authentische Stimmung zu sorgen.

Zurück zum Ursprung - Eco-Resorts wie das "Priesteregg" vermitteln das Ambiente eines ursprünglichen Almdorfs. ©PRIESTEREGG Premium ECO Resort

Wer die 1980er-Jahre schon bewusst miterlebt hat, erinnert sich vielleicht noch an die britische Popgruppe „Wham!“. Für das ultimative Weihnachtsfeeling sorgte damals das Video zu einem Song, der im Winter noch immer in Dauerschleife dröhnt: „Last Christmas“. Da fuhr ein Freundeskreis mit für ihre flamboyante Kleidung viel zu kleinen Taschen, viel zu breiten Schulterpolstern und famosen Föhnfrisuren mit einem Skilift in die verschneiten Berge. Die Hütte, in der sie Weihnachten feierten, steht noch heute in Saas-Fee in der Schweiz unweit von Zermatt. Von außen sieht das Ferienhaus erstaunlich schmucklos aus – und es liegt gar nicht so frei stehend, wie das Video suggeriert, sondern inmitten von anderen Hütten. Und noch ein Mythos wurde längst aufgedeckt: Das „Wham!“-Chalet ist bequem zu Fuß von Saas-Fee zu erreichen, Seilbahn braucht man keine. Erstaunlich ist trotzdem: Das berühmteste Chalet der Welt wurde nie vermietet oder touristisch vermarktet. Dafür bleibt es als Sehnsuchtsort auf ewig in unseren Köpfen.

Dieser Artikel erschien in der Falstaff TRAVEL Ausgabe Winter 2022/23.

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