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Flandern: Von Pommes bis Pralinen

Der nördlichere und niederländischsprachige Teil Belgiens besticht mit einer geradezu mediterran anmutenden Freude am Genuss sowie mit einer lebendigen und kreativen Gastro-Szene, die auf alteingesessenen Traditionen fußt und aus exzellenten Zutaten schöpft.

27. Mai 2024


© Dado Daniela

Dass die Belgier ein derart inniges Verhältnis zu gutem Essen pflegen, hat gleich mehrere Gründe. Dabei ist die geografische und kulturelle Nähe zur kulinarischen Großmacht Frankreich nur einer davon. Beispielsweise seine produktive Landwirtschaft: Obgleich viel kleiner als Österreich ist es viel dichter besiedelt und erzeugt erstaunliche Mengen an Lebensmitteln. Darunter eine Fülle an Gemüsesorten wie etwa Lauch und Kohl, allerlei Rüben- und Kartoffelsorten, Rosenkohl (auch „Brüsseler Kohl“) und Chicorée.

© Tim Graham / Alamy Stock Photo

Von diversen autochthonen Nutztierrassen wie dem „Weißblauen Belgier“ oder dem „Roten Flämischen“ (Rind) stammt das exzellente Fleisch. Und von der gerade einmal 65 Kilometer langen Nordseeküste kommen frische Meeresfrüchte, wie etwa Nordseekrabben oder Mies­muscheln, die (vor allem, wenn sie mit den hier allgegen­wärtigen Pommes frites serviert werden) als eine der Nationalspeisen des Landes gelten. Dazu kommen zahlreiche Klöster und Abteien, denen eine weltweit einzigartige Braukultur zu verdanken ist, und mitunter auch exzellente Käsen erzeugen. Und schließlich ist Belgien auch Heimat ausgezeichneter Schokoladen und innovativer Chocolatiers. 

li. Pieter D'Hoop, re. Nathaniel Noir / Alamy Stock Photo

Und so zahlt sich eine Reise ins Königreich nicht nur aus, um durch die märchenhaften Altstädte Flanderns zu spazieren und die Gemälde flämischer Meister zu bewundern. Sondern auch, um die brodelnde lokale Gastronomieszene zu erkunden, etwa im eher weniger bekannten und dennoch sehens­werten Roeselare. Genusstechnisch kann die Stadt mit zumindest zwei Attraktionen aufwarten. Zum einen mit der denkmalgeschützten Brauerei Rodenbach und ihrem mythischen rotbraunen Bier. Und zum anderen mit dem „Boury“, das eines von zwei Drei-Sterne-Restaurants im Land ist.

©  Pieter D'Hoop 

Sieben Jahre hat Tim Boury beim niederländischen Star-Küchenchef Sergio Herman gekocht, bevor er in seine Heimatstadt zurückkehrte und 2016 in ein herrschaftliches Haus übersiedelte. Von Bourys Ehefrau Inge Waeles wird man herzlich empfangen und durch den angemessen gediegenen Rahmen zum Tisch begleitet. Was nun beginnt, ist ein unvergessliches Feuerwerk von einer Mahlzeit.

©  Pieter D'Hoop 

Boury beherrscht französische und asiatische Techniken gleichermaßen und nutzt sie, um die besten verfügbaren Zutaten auf überzeugende Weise zu kombinieren. Wie etwa im Fall seines Signature Dish aus Osietra-Kaviar, der sich mit Nordseekrabben, marinierten Erdbeeren und duftenden asiatischen Pandan-Blättern als regelrechte Geschmackssymphonie offenbart.

„Frituur Tartaar“ In Gent

 

© StockFood / PhotoCuisine / Caillaut, Jacques

Nach einem derartigen Mittagessen ist es abends Zeit für etwas Bodenständiges – dafür empfiehlt sich eine der in Flandern allgegenwärtigen Frittierbuden. Zu den besten unter ihnen zählt mit Sicherheit die „Frituur Tartaar“ in der mittelalterlichen Stadt Gent. Hier kann man sich bei knuspriger Pommes frites mit hausgemachter Sauce Tartar erden und zugleich eine kulinarische Pflichtübung jedes Belgien-Aufenthalts absolvieren.

© Cavan Images / Alamy Stock Photo

Weiter geht’s nach Antwerpen, wo mit dem „The Jane“ eines der ungewöhnlichsten und zugleich spannendsten Restaurants des Landes wartet. Untergebracht ist es in einer umgestalteten ehemaligen Kirche; genau wie Tim Boury hat auch Küchenchef Nick Bril beim großen Sergio Herman gekocht, wovon eine besondere Leichtigkeit in den Zubereitungen zeugt. Wie etwa im Fall des grandiosen, in indischen Gewürzen geräucherten Steinbutts mit Curry, Liebstöckel und Nordseekrabben.

©  Catarina Belova/Shutterstock

Weit bürgerlicher geht es im gleichfalls in Antwerpen ­gelegenen „Bistrot du Nord“ zu, wo Küchenchef Michaël Rewers klassische französische Küche von einer Qualität und Präzision bietet, wie man sie selbst im Nachbarland selten antrifft. Darunter etwa ein wunderbarer Hasenpfeffer oder die bereits legendäre Kalbsniere Stroganoff. 

© beigestellt

Ein Ausflug an die Nordseeküste bietet sich an, um am kilometerlangen Strand von Oostduinkerke die letzten Krabben­fischer zu besuchen. Hoch zu Ross sitzen sie auf ihren wuchtigen Brabant-Pferden und fischen bei Ebbe die begehrten Nordseekrabben aus der Gischt. Essen kann man ihren Fang in zahlreichen Restaurants in Flandern, wo er meist nur kurz in Salzwasser gekocht wird. Dass dort auch die ikonischen Miesmuscheln mit Pommes frites und Fische wie die delikate Nordsee-Seezunge warten, versteht sich von selbst.

© Alice Bown

Doch abgesehen von Fisch- und Meeresfrüchten hat die Küste noch eine weitere kulinarische Attraktion zu bieten. Konkret im Badeort Koksijde, wo Hendrik Dierendonck mit dem „Carcasse“ eine Metzgerei mit angeschlossenem Restaurant betreibt. Der Mann ist ein Star seiner Zunft, beliefert zahlreiche Spitzenrestaurants und bietet hier trockengereifte Edelstücke genauso an wie alle anderen Teile des Rinds, das Sternekoch Timon Michiels, ganz im Sinne der Nachhaltigkeit, stets in seiner Ganzheit verarbeitet.

© beigestellt

Dazu gibt es saisonales Gemüse von umliegenden Bauernhöfen und ausgewählte Biere und Weine. Alles in allem ein erstaunliches Erlebnis – so einzigartig und überzeugend wie Flanderns Gastro-Szene in ihrer Gesamtheit.

Dieser Artikel erschien in der Falstaff TRAVEL Ausgabe Frühling 2024.

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