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© Le Mas de Chabran
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Vive la Provence

Sanfte Hügel, über die sich Olivenhaine, Weingärten, Pinienwälder und pittoreske Lavendelfelder ziehen, daneben idyllische Dörfer und ganz viele Sonnenstunden am Mittelmeer: Die Schönheit der Region im Südosten Frankreichs zieht Besucher in ihren Bann und lässt sie nie mehr los.

26. Mai 2022


"Wer nur Lavendelfelder vor Augen hat, wenn er an die Provence denkt, war noch nie da“, sagt Marie lächelnd und schwingt sich wieder auf ihr E-Bike. Die Touristin muss es wissen, denn bereits seit 23 Jahren verbringen sie und ihr Mann die Urlaube in der Region am Mittelmeer, die sich zwischen dem Rhônetal im Westen, den hohen Gipfeln der Hautes-Alpes im Norden, der italienischen Grenze im Osten und der Mittelmeerküste zwischen Nizza und Marseille im Süden erstreckt. Die größeren Städte wie Avignon, Toulon und Aix-en Provence kennt das Paar mittlerweile wie seine Westentasche; jetzt konzentriert es sich auf das Hinterland und die kleinen romantischen Dörfer, die eingebettet in Naturparks fast verschlafen wirken. Tatsächlich ist die Provence mehr als die Summe ihrer Lavendelfelder.

Lavendelfelder, so weit das Auge reicht. © Shutterstock

Das ikonische Naturschauspiel zu verpassen wäre allerdings dennoch ein Fehler: Los geht es rund um den 20. Juni, dann erstrahlen die Blütenmeere der Hochprovence, im Vaucluse und in der Hochebene von Valensole in einem satten Violettton. So wie die Kirschblüte Touristen nach Japan lockt und der Indian Summer an der amerikanischen Ostküste für Staunen sorgt, beginnt damit die touristische Hochsaison in der Provence. Je nach Lavendelart, Höhen- und Breitenlage stehen andere Gebiete in voller Pracht. Mit der Ernte, die meist Ende Juli erfolgt, ist der Blütentraum aber dann auch vorbei. Gut, dass die Region einiges mehr zu bieten hat – insbesondere der Genuss zieht viele Besucher an.

Die Gegend in all ihren Facetten zu entdecken ist auf unterschiedliche Arten möglich: Man kann mit dem Auto von einem Örtchen zum anderen fahren oder sich dem Slow Life hingeben und sich wie Marie und ihr Mann mit dem Fahrrad auf den Weg machen. Eine der schönsten Radstrecken führt auf 236 Kilometern von Cavaillon bis nach Forcalquier durch den kompletten Naturpark Luberon. Malerische Orte, darunter auch einige offiziell als „schönste Dörfer Frankreichs“ gekürte, liegen entlang des Wegs.

So verzaubert Ansouis, das bereits im 10. Jahrhundert urkundlich erwähnt wurde, mit seiner Stadtbefestigung und dem gut erhaltenen Schloss, während die reizvollen Gassen des hoch gelegenen Dorfkerns von Gordes wunderbare Fotomotive bieten. Schon lange vor der Erfindung des Smartphones hielten Künstler wie Marc Chagall und Victor Vasarely die Szenerie mit Pinsel und Bleistift fest.

Mehr dazu: Die schönsten Orte in der Provence

Augenschmaus: Matisse und Picasso haben früher hier gespeist – heute hängen ihre Werke im Restaurant des Hotels „Colombe d’Or“. ©Colombe d’Or

Unbedingt einen Besuch wert ist die ganz in der Nähe gelegene Abtei von Sénanque. Das 1148 gegründete Zisterzienserkloster mit seinen – und da sind sie wieder – Lavendelfeldern gilt als Inbegriff des provenzalischen Postkartenmotivs. Ebenfalls einen Abstecher wert ist die Kleinstadt Roussillon. Sie war bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts das Zentrum des Ockerabbaus, der 1930 eingestellt wurde.

Bis heute leuchtet das Städtchen in Rot- und Ockertönen, aber nicht nur die Gebäude, sondern auch ein Ockerlehrpfad und die nahe gelegenen Minen von Gargas erinnern an diese Zeit. Statt Lavendelfeldern prägen in dieser Gegend die Weinberge von Côtes du Ventoux die Landschaft.

Dorf-Schönheit Roussillon gilt als eines der schönsten Dörfer Frankreichs. Weltberühmt sind die nahe gelegenen Ockerfelsen. ©Stefano Politi Markovina/Alamy Stock Photo

Was liegt also näher, als einem der Weingüter der Region einen Besuch abzustatten? Eine gute Adresse ist mit Sicherheit das Weingut Aureto. Es wurde in den letzten Jahren von Grund auf renoviert und hat sukzessive auf biologischen Weinbau umgestellt. Die Bemühungen machen sich bezahlt: Seit Jahren werden die Produkte von Aureto – alle benannt nach Winden des Südens – mit Auszeichnungen renommierter Weinführer gekrönt.

Kellereibesichtigungen, geführte Wanderungen durch die Weinberge und Degustationen der edlen Kreationen von Kellermeisterin Aurélie Julien, welche die Essenz der Provence in jeden Tropfen packt, bringen Besuchern die Weine der Region näher.

DER GESCHMACK DER PROVENCE

Dass Oliven hervorragend zu Wein passen, mag ein Zufall sein; glücklicherweise folgt direkt auf die Weinlese die Olivenernte. Und weil der Mensch nicht von Wein und Oliven allein lebt, fügt es sich gut, dass die Provence zudem für ihre Trüffeln, Kirschen, Erdbeeren, Mandeln, Aprikosen und Melonen bekannt ist.

Weitere Highlights der regionalen Küche sind Bouillabaisse, Aioli, Ratatouille, Salade niçoise und das in Rotwein marinierte, geschmorte Fleischragout Daube provençale. Hier zeigt sich eindrucksvoll: In Frankreich wartet der Genuss wirklich an jeder Ecke – und die Provence ist mit Sicherheit keine Ausnahme.

Blühender Genuss (li.): Die schmackhaften Knospen und dekorativen Blüten der Artischocke sind in der Provence weitverbreitet. Saint-Rémy-de-Provence (re.): Wo Nostradamus im Jahr 1503 das Licht der Welt erblickte, verbrachte van Gogh seine letzten Lebensjahre. © Getty Images, Unsplash

SAVOIRE-VIVRE ZWISCHEN SEIFE UND SEGELYACHT

Egal, ob man nun mit dem Fahrrad durch die Landschaft radelt, durch Kopfsteinpflastergassen schlendert, jahrhundertealte Sehenswürdigkeiten bewundert, sich dem quirligen Leben in Marseille oder Nizza hingibt, die Côte d’Azur entlangschlendert, badet und Segelyachten betrachtet, ein Stück Marseiller Seife ersteht, in Apt die typischen kandierten Früchte nascht, in L’Isle-sur-la-Sorgue, dem „Venedig der Provence“, nach Antiquitäten stöbert oder eine der Parfummanufakturen in Grasse besucht: In der Provence scheint jeder Augenblick nur einem Zweck zu dienen – dem Genießen; und damit dem Schaffen unvergesslicher Erinnerungen, die noch lange nach dem Besuch nachhallen. Kein Wunder, dass Marie und ihr Mann auch nach mehr als 20 Jahren noch nicht genug von dieser Perle Frankreichs haben und sich jedes Jahr neue Ecken und kulinarische Erlebnisse erradeln.

Ankerplatz und Aussichtspunkt: Die Calanque de Port-Miou ist eine fjordartige Bucht in der Nähe von Cassis – und ein beliebter Hafen. © Shutterstock

Dieser Artikel erschien in der Falstaff TRAVEL Ausgabe Frühling 2022.

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